Der erste Gedichtband Borns, „Marktlage“, erschien 1967 bei Kiepenheuer und Witsch.
Das Erscheinen von „Marktlage“ fiel in die Zeit eines ersten ausgesprochenen Lyrik-Booms: Selten waren so viele Gedichtbände verlegt worden wie im Frühjahr 1967. Luchterhands Loseblatt Lyrik, die Gedichte sozusagen als Wandschmuck verkaufte, war nur der Anfang von einer „Entsakramentalisierung des Gedichts“, wie sie Günter Grass gefordert hatte, einer „fruchtbaren Leichtfertigkeit im Konsum“, heißt es in der Besprechung von Wolfgang Maier. Die neue „Leichtfertigkeit“ produzierte in dieser Zeit vor allem epigonale Brecht-Poesie und pointenreiche politische Protestverse. So wird auch Marktlage wie schon der Zweite Tag von der Kritik eher mißmutig als freundlich aufgenommen. Gelobt werden fast einhellig die „Nachrufe“ und die Liebesgedichte. Aber neben dem Hinweis auf das deutliche Talent und die gelungenen Seiten steht immer ein Seitenhieb auf die programmatische Abwendung von der hermetischen Gedichtform und „die Verbrauchersprache unserer Wohlstandsgesellschaft“. In derselben Aufmachung wie Günter Herburgers „Ventile“ und fast gleichzeitig erschienen, soll „der gelehrige Rezensent“, so Peter Hamm, mit „Marktlage“ begreifen, daß „Witschens Lektor, nun seinen Neuen Kölner Realismus auch für die Lyrik“ reklamiert. Tatsächlich will Born seine Gedichte „roh“, „jedenfalls nicht geglättet“, wie er in seinem Klappentext schreibt, in dem er sich auch auf Charles Olson bezieht. Aber die Abkehr von „Schminke und Parfüm“, von der Metaphernreichen, chiffrierten Sprache der „alten Poetik“ geschieht hier ohne Plattheit, und in Verbindung mit Borns tastend persönlicher Sicht wird sie zu etwas Besonderem. Born erfindet „Poesie nicht mit Worten“, seine Sprache verbirgt nichts, aber gerade dadurch wird sie hintergründig. Es ist das Persönliche, das Erleben Borns, als „ich Born, Sohn des Born“, das diese Gedichte über Abschied, Einsamkeit, Liebe und Tod, obwohl sie in ihrer Protest-Haltung so deutlich situiert sind, noch immer gültig läßt. In einer Zeit, wo der Tod der Literatur ausgerufen wurde und gleichzeitig von der Kunst zunehmend erwartet wurde, die Gesellschaft zu verbessern, schreibt Born absichtlich und spürbar schon jetzt aus einer Distanz zur Gesellschaft. Er ist einen Schritt zurückgetreten, scheint es, schon weil ihm diese Gesellschaft fremd erscheint und er sich selbst fremd ist darin. „Wo ich nicht mehr sein kann/gehn andere unangefochten mit Hunden“, heißt es in Sisal. „Was hat mich so eingeseift/was hat mir derart die Knochen gezählt?“ in Ich versuche mich zu beklagen, „Oft für kompakt gehalten/für eine runde Sache/die geläufig zu leben versteht – “ in Selbstbildnis. Beinah spröde wirken einige der Gedichte heute in ihrem kaum verdeckten Realitätsbezug. Und doch scheint Born, wenn er noch vorsichtig „ich“ sagt, was er beschreibt, seine Trennung, seine neue Freiheit wie allgemeingültig zu erleben: „Wie früher, heißt es in Endlich ist nichts mehr zu verlieren, „haben Bewegungen ihren Sinn“. Und Eine Liebe in Köln-Knapsack und der Eintopf der Rentnerin Adelheid Moll sind noch heute so wahr und gleichzeitig so liebevoll beschrieben, wie es in dieser Kombination selten vorkommt. |